Buy local! – Lokale Schafrassen – lokale Schäfereien (Teil 2.4)

Nach der Sommerpause, bei passendem Strickwetter geht die Reise weiter. Ich bleibe vorerst im Turnus Berg – Flachland – Berg und somit geht es wieder in die Alpen. Dieses Mal zu gleich mehreren Schafrassen – aber alles nacheinander:

Bergschafe

Die Bergschafe stammen aus der Alpenregion, vornehmlich aus Bayern, aber auch aus der Schweiz oder Südtirol. Der Vorfahr sind das Alpine Bergschaf, über das ich hier schon berichtet habe und das Bergamaskerschaf. In den Herden kamen früher sehr viele bunte Tiere vor. Bunt heißt hier: Schafe, die nicht weiß waren. Zusätzlich gab es noch gescheckte Tiere. Die einzelnen Farbschläge werden – soweit ich verstanden habe – heute als eigene Rassen geführt.

Im Gegensatz zum eher kleinen Steinschaf, sind die Bergschafe mittelgroß bis groß. Sie werden als ramsnasig und hornlos beschrieben. Böcke können stattliche 120 kg auf die Waage bringen, Mutterschafe sind mit 60-85 kg ein ganzes Stück leichter.

Die Wolle wird als schlicht-, langwollig und glänzend beschrieben. Beim weißen Bergschaf habe ich hier die Angabe gefunden, dass die Wolle 15 – 20 cm lang werden kann! Pro Schur können bis zu 5 kg Wolle zusammenkommen. Geschoren wird zwei Mal im Jahr, da die Wolle sehr schnell wächst. Zur Wollfaser selber habe ich folgende Beschreibung gefunden:

[…] In seiner Heimat werden die Bergschafe im Sommer auf der Alm gehalten – bei Wind und Wetter. Die grobe und lange Wolle lässt den Regen kaum auf die Haut, […]

Quelle

Mit 32 – 36 Micron gehört die Wolle in die Kategorie “grob”. Allgemein wird die Wolle zum Handspinnen, -stricken und für Loden und Teppiche gebraucht.

Braunes Bergschaf

Die Farbe des Braunen Bergschafes ist cognacfarben bis sattbraun.

2017 gab es 73 Böcke und 1.191 Mutterschafe. Damit wird das braune Bergschaf auf der Roten Liste unter dem Gefährdungsgrad II (stark gefährdet) geführt. Quelle

Maschenprobe Braunes Bergschaf – Ungewaschen

Wolle vom Bergschaf habe ich natürlich auch verstrickt. Alle Garne, die du in diesem Beitrag siehst, kommen wieder von der Kollektion der Vielfalt.

Das Garn ließ sich sehr gut verstricken. Der Unterschied zwischen der ungewaschenen und gewaschenen Probe ist minimal.

Auf dem Foto siehst du, dass die gewaschene Probe etwas verzogen ist. Das dürfte daran liegen, dass ich die Maschenprobe noch tropfnass auf die Leine gehängt und dann im Trubel des Alltags vergessen habe, sie abzunehmen und gerade liegend trocknen zu lassen. Die anderen Maschenproben sehen deswegen auch so aus.

Maschenprobe Braunes Bergschaf – Gewaschen

Durch das Waschen hat sich das Maschenbild allgemein geglättet und die Strickmuster entspannt. Wie du siehst, war es vor dem Waschen aber ebenfalls schön klar und definiert.

Für mein Empfinden eignet sich das Garn für alle gezeigten Muster.

Die Farbabweichung ergibt sich durch das unterschiedliche Fotografieren. Bild eins habe ich draußen aufgenommen und Bild zwei drinnen bei eingeschalteter Deckenlampe.

Schwarzes Bergschaf

Das schwarze Bergschaf ist – wie der Name schon sagt – reinschwarz.

Die Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen e.V. (GEH) sagt zu dieser Schafrasse folgendes:

Früher gab es viel mehr farbige als weiße Steinschafe. In den weißen Herden befanden sich immer auch schwarze Tiere. Durch Fremdeinkreuzung leistungsstarker Rassen dezimierten sich die farbigen Tiere in Tirol und Südtirol mehr und mehr. Schließlich hielt man nur noch vereinzelt schwarze Schafe zur Wollbeimischung.

Quelle
Maschenprobe Schwarzes Bergschaf – Ungewaschen

Mit nur noch 12 Böcken und 183 Mutterschafen ist das schwarze Bergschaf in der Roten Liste in Kategorie I (extrem gefährdet) gelandet. Hier ist wohl eines der Probleme, dass sich der Genpool durch nur wenige eingesetzte Spitzentiere immer weiter verengt.

Auch dieses Garn ließ sich wunderbar verstricken. Im Gegensatz dazu war das Fotografieren fast unmöglich. Das Garn hat eine satte dunkelbraune, fast schwarze Farbe. Etwa so wie Zartbitterschokolade. Also ein wunderschöner Farbton, der sich mit der Kamera leider so gar nicht einfangen ließ.

Maschenprobe Schwarzes Bergschaf – Gewaschen

Sowohl bei der ungewaschenen, als auch bei der gewaschenen Maschenprobe musste ich also die Belichtung massiv hochdrehen um überhaupt etwas von den Mustern erkennen zu können. Wenn man das Gestrick aber live und in Farbe vor sich hat, gilt das gleiche, wie auch beim Braunen Bergschaf: Deutliches Maschenbild, gute Struktur und geeignet für alle gezeigten Muster. Aufgrund der Farbe würde ich es aber nicht für feine Muster verwenden, sondern lieber für großflächigere Zöpfe oder Lochmuster.

Im Gegensatz zum Garn vom Braunen und Weißen Bergschaf, hatte ich mich hier für ein dreifädiges Garn entschieden. Ich weiß nicht, ob es anders verarbeitet war, aber dieses Garn war noch sehr fettig.
Ich persönlich habe nun nichts gegen Lanolin und fand es auch ok, dass meine Hände nach dem Stricken “eingecremt” waren. Wenn du das allerdings nicht magst, solltest du ein so naturbelassenes Garn also vor dem Verstricken waschen.

Weißes Bergschaf

Maschenprobe Weißes Bergschaf – Ungewaschen

Die reinweißen Tiere werden auf der Seite der GEH als “[…] wichtigste bayrische Rasse der Alpen und [des] Voralpenlandes […]” bezeichnet.

Mit 81 Böcken und 1.793 Mutterschafen (2017) steht diese Rasse dennoch auf der Roten Liste in Kategorie II

Auch hier gibt es nicht viel anderes zum Garn zu sagen, als auch beim Braunen und beim Schwarzen Bergschaf. Durch die helle Farbe kommen die Muster natürlich sehr gut heraus. Wie beim Braunen Bergschaf habe ich hier ein zweifädiges Garn verarbeitet.

Maschenprobe Weißes Bergschaf – Gewaschen

Das erste Bild gibt die Farbe des Garns am besten wieder.

Gerade aus dem weißen Garn kann ich mir auch gut rustikalere Tücher oder Schals mit Lochmustern vorstellen.

Geschecktes Bergschaf

Immer wieder traten in den Bergschaf-Herden auch gescheckte Tiere auf. Früher galten diese Tiere als rasseuntypisch und es wurde nicht mit ihnen weitergezüchtet. Erst seit 1975 werden diese Schafe als eigene Rasse gezüchtet. Quelle

Es können alle Farben der obigen Bergschafe in Kombination mit weiß auftreten.

Auf der Seite TGRDEU habe ich die Angabe gefunden, dass es 2018 45 Böcke und 374 Mutterschafe gab. Als Kategorie habe ich dort erstmalig die Angabe “Beobachtungspopulation” gelesen. Wikipedia sagt dazu:

[…] Für Rassen der Beobachtungspopulationen werden Kryoreserven angelegt und ein Monitoring durchgeführt. […]

Quelle

Auf der einen Seite also sicherlich eine gute Sache, dass man hier aktiv wird. Auf der anderen Seite aber auch schlimm, dass es so weit kommen muss. Bleibt also nur zu hoffen, dass es weiterhin engagierte Menschen gibt, die sich um gefährdete Haustierrassen kümmern.

Übrigens: Leider habe ich bisher kein Garn dieser Tiere gefunden. Ich könnte mir vorstellen, dass es schöne Farbeffekte gibt, wenn die Wolle nicht zu stark kardiert wird. Ich werde die Augen offen halten – vielleicht “stolpere” ich ja mal über eine Gelegenheit.

Fazit

Alle drei Maschenproben vereint

Die Bergschafe liefern Universalwolle für alle, die es etwas rustikaler mögen. Ich kann mir sowohl Pullover als auch Schals und Tücher daraus vorstellen. Da sich das Garn haptisch als etwas weicher als der Coburger Fuchs und das Alpine Steinschaf ansiedelt, wären auch Handschuhe oder eine Mütze eine Überlegung wert. Hier würde ich aber auf dreifädiges Garn zurückgreifen, da dieses doch etwas weicher ist, als die zweifädigen, die ich getestet habe.

Das Gestrick fühlt sich etwas rau an, dabei aber trocken und glatt. Es stehen nur wenige Fasern ab. Lediglich das Schwarze Bergschaf fühlt sich etwas fettig an – auch nach dem Waschen noch.

Von diesem Garn war ich so angetan, dass ich mir direkt eine große Portion Spinnfutter gekauft habe. Und bei groß spreche ich hier eindeutig von einer Pullovermenge – vielleicht sogar mehr…